Digital Adoption

Beratung ist ein Geschäft, das auf menschlichen Beziehungen basiert, insbesondere bei Projekten, die Nutzer einbeziehen. Daher sollte der erste Schritt bei der Einführung digitaler Adoption darin bestehen, Gespräche mit Prozessverantwortlichen zu führen. Sie sind diejenigen, die genau wissen, wie die Arbeitsabläufe aussehen und an welcher Stelle digitale Werkzeuge eingesetzt werden sollten. Auf Basis ihres Feedbacks können wir beispielsweise interaktive Schritt-für-Schritt-Anleitungen („Routen“) für die Nutzung von IT-Lösungen erstellen oder optimieren. Allerdings ist gutes Feedback selten, und negatives Feedback kommt oft erst, wenn die Nutzer wirklich frustriert sind. Das bedeutet: Keine Beschwerden zu erhalten, bedeutet nicht zwangsläufig, dass alles in Ordnung ist.

Wie erhalten wir also ehrliches Feedback? Es reicht oft nicht aus, am Ende jeder Anleitung die Nutzer um eine Bewertung zu bitten: Was hat gefehlt? Wie viele Sterne würden Sie vergeben? Ein offenes Gespräch mit einem „Friendly User“ könnte aussagekräftiger sein als eine formelle Umfrage, die als lästig empfunden und daher nicht ernst genommen wird.

Anonyme Nutzerdaten als Ergänzung zum Feedback

Zusätzliche verwertbare Informationen können durch objektive, technisch generierte Daten ergänzt werden. Ein Digital-Adoption-Tool beinhaltet eine Analytics-Komponente, die Daten wie Nutzungshäufigkeit, -dauer und -vollständigkeit sowie Randbedingungen wie Spracheinstellung und verwendeten Browser erfassen kann.

Dies erfolgt selbstverständlich gemäß der DSGVO, mit aggregierten Daten von Gruppen aus mindestens acht Personen, sodass die Ergebnisse nicht auf einzelne Nutzer zurückgeführt werden können. Auch wenn kein Zugriff auf spezifische Datenfelder besteht, kann das Analysetool dennoch Aufschluss darüber geben, wie intensiv und kontinuierlich eine Anwendung genutzt wird.

Behavior Mining für tiefere Einblicke

Neben der Standardanalyse bietet solche Tools ein erweitertes Analytics-Tool für das User Behavior Mining an. Dies kann aufzeigen, welche Teile einer Anwendung weniger oder besonders intensiv genutzt werden, ob der Prozess an bestimmten Stellen häufig abgebrochen wird und ob Nutzer zu bestimmten Funktionen zurückkehren.

Aus diesen Informationen lassen sich wichtige Rückschlüsse ziehen, beispielsweise auf „virtuelle Karteileichen“ – Anwendungen, die außer Kosten keinen Nutzen bringen. Behavior Mining kann auch Verhaltensmuster oder Implementierungsfehler aufdecken, die der effektiven Nutzung im Wege stehen, aber durch gezielte Anleitung verbessert werden könnten.

Diese Erkenntnisse sind auch für die Planung neuer Systeme nützlich, um beispielsweise die Reihenfolge für das Ersetzen oder Neuschreiben von Softwarekomponenten festzulegen. Behavior Mining ermöglicht es zudem, basierend auf den analysierten Prozessen automatisch Routen zu generieren und gezielte Trainingsprogramme zu entwickeln.

Ein Center of Competence (CoC) als organisatorische Verankerung

Unsere Berater bleiben idealerweise so lange in einem Projekt, bis die eingeführte Lösung funktioniert, erste Rückmeldungen eingegangen sind und eventuelle Optimierungen vorgenommen wurden. Aber irgendwann muss das Kundenunternehmen die Digital Adoption eigenständig fortführen. Oft wird das Projekt von der IT an die Geschäftsbereiche übergeben. Dies ist eine kritische Phase, denn wenn niemand mehr das Thema Digital Adoption verfolgt, kann dies die Effizienz der Lösung beeinträchtigen.

Daher ist es sinnvoll, ein spezielles Center of Competence (CoC) zu etablieren, eine Expertengruppe, die sich dem Thema Digital Adoption widmet. Dies stellt sicher, dass das Digital-Adoption-Projekt zu einem nachhaltigen Faktor wird. Das CoC könnte regelmäßige User-Behavior-Kampagnen durchführen und daraus Schlüsse ziehen sowie Entscheidungsträger beraten, welche Anwendungen abgeschaltet werden können.

Schlussendlich bleibt festzuhalten: Obwohl viele Anwendungen vorhanden sind, fehlt es oft an der Kompetenz, diese effektiv zu nutzen. Es stellt sich die Frage, warum Ressourcen in die Ermöglichung eines Tools investiert werden sollten, das kaum genutzt wird. Die dafür aufgewendete Zeit und Energie könnten effektiver für Anwendungen eingesetzt werden, die mit geringfügigen Anpassungen deutlich bessere Ergebnisse erzielen könnten. User Behavior Mining zielt daher auch darauf ab, IT-Landschaften zu verschlanken und sie dadurch nachhaltiger zu gestalten.


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